Blindheit & Kunst
Die Sammlung des Wiener Museums des Blindenwesens reicht bis zum Beginn der Blindenbildung in Wien zurück.
Johann Wilhelm Klein, der im Jahre 1804 das k. k. Blindenerziehungsinstitut in Wien begründete, legte bereits in den Dreißigerjahren das Museum an.
Die bedeutende grafische Sammlung des Museums umfasst rund 1700 Blätter zum Thema Blindheit. Die ersten Bilder waren Schenkungen, die Johann Wilhelm Klein für sein Institut erhielt. In vielen Bildern wird die soziale Stellung des Blinden veranschaulicht. Darstellungen reichen vom Blinden im Altertum, im Orient bis zu Blindenberufen des 19. und 20. Jahrhunderts.
Abbildung: Begründer der Sammlung Johann Wilhelm Klein
Johann Wilhelm Klein (bis 1848) wurde am 11. April 1765 in Alerheim bei Nördlingen, Deutschland geboren.
G. Kapper/Khuttenberg, keine Quellen vorhanden, Öl auf Leinwand, signiert 1911
Ein blindes Mädchen und ein blinder alter Mann mit Rauschebart, weißem Kopfhaar und gesenktem Haupt stehen entlang eines Regals. Da die Blinde mit langem Kleid, langem Haar und kleiner Umhängetasche sich an der Wand abstützen kann, vertraut sich der Alte, der einem würdigen Methusalem in der Antike gleicht, seiner jungen Begleiterin an, indem er sich vertrauensvoll an sie anlehnt. Beide stehen belichtet vor dunklem Hintergrund.
L. Marius, keine Quellen vorhanden, vermutlich Mitte des 19. Jahrhunderts, Öl auf Leinwand
Der Musikant, ein alter Blinder, präsentiert en face seine hochgehaltene Ukulele, eine gitarrenähnliche viersaitige Kastenhalslaute, während der junge Bursche zu seiner Rechten, der vielleicht sein Sohn ist, mit geöffnetem Mund unschwer als Sänger identifiziert werden kann.
Carl Mell, 1851 – 1936, Öl auf Leinwand, Jahr unbekannt
Das Werk war wohl als Altarblatt oder Türsturzgemälde gedacht. Links unten stehen Blinde im Profil, rechts zwei Kinder von hinten; alle blicken zur heiligen Ottilie, die oben von Christus auf dem Odilienberg empfangen wird. Ottilie (um 660 – 720), Äbtissin aus dem Elsass und Schutzpatronin des Augenlichts, war die blinde Tochter des Herzogs Eticho. Nach ihrer wundersamen Heilung durch Taufe gründete sie auf der Hohenburg ein Kloster und starb im nahen Niedermünster. Ihr Grab dort ist bis heute Wallfahrtsort mit einer Quelle gegen Augenleiden.
Max Kurzweil, 1867 – 1916, Öl auf Leinwand, Jahr unbekannt
Der blinde Flötenspieler sitzt auf einem kleinen Brettchen rechts im Bild am Rande eines Waldweges. Er ist an einen Baum angelehnt und hält sein Instrument in Händen. Zu seiner Linken schläft sein Hund, bei dem es sich vermutlich um eine Labradormischung handelt. Vor ihm ist ein blauer Stofffetzen deponiert für die Almosen.
L. Hellman. Keine Quellen vorhanden, Öl auf Holz, 1952
Ein Mädchen im grünen Kleid stützt seinen blinden Vater im braunen Mantel, der einen Rosenkranz hält. Mit geschlossenen Augen lehnt er an der Mauer und richtet das Gesicht himmelwärts, dem Klang der Orgel lauschend. Im Hintergrund sind mehrere Personen zu sehen: Eine Frau verlässt mit Gebetbuch einen weiteren Raum, eine andere vor einer brennenden Laterne scheint im Gebet versunken, was auf eine Darstellung in einem Kirchengebäude hindeutet.
P. Cnigotin/Caire, Öl auf Leinwand, Jahr unbekannt
Der Blinde im Dreiviertelprofil nach links trägt einen schwarzen Umhang bis zur Taille, über dem sich sein weißer Bart, ockerfarbenes Hemd und weißes Gewand abheben. Auch Hemd und Obergewand sind über den Kopf gezogen. Der Mann mittleren Alters stützt sich auf einen Stab; sein Blick wirkt konzentriert, obwohl die geschlossenen Lider ihn als Blinden erkennen lassen.
Maler unbekannt, Öl auf Leinwand, Jahr unbekannt
Ein blinder alter Mann wird von einem Mädchen en face entlang eines Weges geführt. Er hält einen Blindenstock und stützt sich auf ihre Schulter, während sie die Arme ausgestreckt hält, um das Gleichgewicht zu halten. Links sind Reste einer Hausmauer und Palmen zu sehen; nackte Beine und Sandalen deuten auf ein mildes, südliches Klima hin.
Unbekannter Maler, Öl auf Leinwand, Entstehungsjahr unbekannt
Die blinde alte Frau mit grauem Umhang sitzt rechts vor ihrem Haus und stützt sich auf ihren Blindenstock. In der Bildmitte hilft ihr wahrscheinlich ihre Tochter in weißer Bluse und rostrotem Kleid beim Aufstehen, den Kopf mit missmutigem Blick himmelwärts gewendet. Rechts ist schemenhaft ein sitzender Hund zu erkennen. Das Bild ist unsigniert und undatiert.
Maler unbekannt, Öl auf Holz, Jahr unbekannt
Der an einen blinden Beduinen erinnernde Alte steht en face in der Wüste, den Blindenstab zur Symbolisierung seiner Gebrechlichkeit haltend. Er trägt dunklen Umhang und lichten Turban. Rechts stützt ein dunkelhäutiges Mädchen im blauen Kleid ihn, die einen weißen Stoff an sich presst und die Augen weit geöffnet hat. Das Bild ist links oben unleserlich signiert; Malweise und Darstellung deuten auf einen arabischen Künstler hin.
Robert Beyer, 1828–1891, Öl auf Leinwand, 1850
Das Bild zeigt links Herzog Friedrich mit seinem Gefolge, rechts die erblindete Gemahlin mit ihren Kindern und ihrer Begleiterin, die ihm die Hände entgegenstreckt.
Richard Goldberg, Öl auf Leinwand, 1907
Die rechte Bildhälfte zeigt den stehenden, blinden Leiermann am blauen Kasten, links die andächtig lauschenden Zuhörer. Im Vordergrund kniet eine blinde Frau mit weißem Umhang, neben ihr ihr Begleiter mit Strohhut. Vor dem Leierkasten stützt ein Elternpaar seine offenbar blinde Tochter. Alle konzentrieren sich auf die Musik.
Unbekannter spanischer Maler, Öl auf Leinwand, um 1700
Der Roman Lazarillo de Tormes erzählt die Geschichte des armen Lazarillo, der sich listig durch Anstellungen bei einem blinden Bettler, einem geizigen Priester und anderen schlägt. Das anonyme Werk, ein frühes Schelmenroman-Beispiel, kritisiert die Heuchelei der spanischen Gesellschaft des 16. Jahrhunderts und endet mit Lazarillos Aufstieg zum Ausrufer in Toledo. Das Gemälde zeigt Lazarillo beim Dienst für den blinden Bettler, der ihm gerade etwas stiehlt; die verzerrten Gesichter erinnern an Goyas karikierende Porträts menschlicher Schwächen.
Caspare Landi, 1756–1830, Öl auf Leinwand, Jahr unbekannt
Das Bild zeigt Teiresias in Sophokles’ König Ödipus, der den Menschen die Geheimnisse der Götter verraten und deshalb Blindheit erhalten hatte. Gaspare Landi (*6. Januar 1756 in Piacenza; †27. Februar 1830 ebenda) war ein italienischer Maler des Klassizismus. Als zweites Kind von Ercole Landi und Maria Francesca Rizzi wuchs er mit vier Geschwistern auf. Trotz adeliger Herkunft der Eltern war die Familie finanziell oft knapp, zeitweise saß der Vater wegen Schulden im Gefängnis.
Hermann Schneider, Öl auf Leinwand, Jahr unbekannt
Nydia ist eine blinde Figur aus Edward Bulwer-Lyttons Roman Die letzten Tage von Pompeji (1834), die als Blumenverkäuferin in Pompeji arbeitet und Glaucus liebt. Nach dem Vesuvausbruch führt sie ihre Gefährten durch die Stadt, bevor sie sich aus Verzweiflung das Leben nimmt. Das Gemälde zeigt Nydia auf einem Marmorthron in weißem Kleid und Schleier, vermutlich in einem transzendenten Zustand nach ihrem Selbstmord. Das Blumengebinde rechts symbolisiert ihre Arbeit, der Schwimmreifen links ihren Suizid auf einem Schiff.
Adolf Echtler, Öl auf Leinwand, 1870
Das Bild zeigt einen Mann mit langen dunklen Haaren und weißem Bart und Hut auf der linken Seite des Bildes im Profil. Er stützt seine beiden Hände auf einen Stock. Die geschlossenen Augen deuten auf eine Blindheit hin. Neben ihm en face ein Mädchen mit langen blonden Haaren und ausgestreckter offener Hand nach oben. Vermutlich handelt es sich um Vater mit Tochter, die um Almosen betteln.
Unbekannter Maler, Kopie nach Anthonis van Dyck, 1599–1641, Öl auf Leinwand, Jahr unbekannt
Belisar (um 500/505–565), oströmischer Heermeister Kaiser Justinians, empfängt in dieser Kopie nach van Dyck Almosen. Im Gegensatz zum Original sitzt er hier rechts, die Menschen, die ihm die Almosen geben, sind links vor ihm gruppiert. Laut der überlieferten Legende soll der große Feldherr als blinder Bettler in Rom gestorben sein.
Maler unbekannt, Öl auf Holz, Jahr unbekannt
Ein knieender Jüngling in blauem Gewand kniet vor einer Gruppe Blinder, während Jesus rechts im Bild die Segnung begleitet. Ein alter Blinder hält links die Hände über seinem Haupt, dahinter verfolgen eine blinde Frau und ein Mann mittleren Alters das Geschehen. Rechts im Hintergrund ist eine Landschaft mit Bergen und Bäumen zu sehen.